Würzburg. Rund 80 Prozent der Bahnhöfe in Bayern haben keine oder unzureichende Bahnsteigzugänge für behinderte Fahrgäste. Darauf haben gestern Verkehrsexperten der FDP in Würzburg aufmerksam gemacht. Damit rasch Abhilfe geschaffen werden kann, forderten sie finanzielle Unterstützung der Bahn durch den Bund.
Fünf Prozent der Staatsmittel für den Öffentlichen Nahverkehr sollten zweckgebunden in den behindertengerechten Ausbau von Bahnhöfen investiert werden, schlug der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Horst Friedrich, vor. Damit könne man nicht alle Bahnhöfe barrierefrei machen, zumindest jedoch erhebliche Verbesserungen bewirken.
Bei einem Termin am ICE-Bahnhof in Würzburg bezeichnete Friedrich die dortigen Verhältnisse als untragbar: »Für Behinderte ist dieser Bahnhof eine Zumutung.« Ähnlich äußerte sich Jörg Rohde, der Behinderten-Experte der FDP-Bundestagsfraktion. Er forderte Verbesserungen nicht nur für Rollstuhlfahrer sondern auch für seh- und hörbehinderte Bahnkunden.
Dass am Bahnhof Würzburg dringender Handlungsbedarf besteht, wollte Bahnhofs-Manager Hans-Jürgen Vogt nicht leugnen. Pro Woche benötigen nach seinen Angaben 100 bis 150 Fahrgäste »Mobilitäts-Hilfe«. Die derzeit vorhandene Bausubstanz mache aber den Einbau von Aufzügen zu den Gleisen unmöglich.
Weil der Tunnel vom Empfangsgebäude zu den Gleisen zu niedrig und zu schmal sei, müsste bei einer Aufzugslösung jeweils einer von zwei Treppenaufgängen geopfert werden. Das würde bei Zügen mit viel Passagieraufkommen zum »Fahrgast-Stau« führen. Deshalb sieht man bei der DB erst dann eine Möglichkeit zu behindertengerechten Zugängen, wenn der ohnehin geplante Neubau des Tunnels kommt.
Die Finanzierung dafür steht bereits weitgehend. Vogt sagte, es sei aber sinnvoller, diese Investition nicht als Einzelbaumaßnahme zu realisieren, sondern sie mit Sanierung und Umbau des Empfangsgebäudes zu verknüpfen.
Für diesen Bauabschnitt verfügt die Bahn noch nicht über die erforderlichen Mittel. Sie will jedoch »zeitnah« zu einer Lösung kommen. Dabei geht es um eine Deckungslücke von rund fünf Millionen Euro. Ein Teil des Geldes will die DB aus dem Verkauf von bahnhofsnahen Grundstücken an die Stadt Würzburg erlösen. Diese benötigt Areal für einen neuen Busbahnhof. Die DB-Tochter »Station und Service« hatte bereits vor einigen Monaten mit der Stadt Würzburg einen »Masterplan« zur Koordinierung aller Vorhaben in und um den Bahnhof erarbeitet.
Im Herbst soll es zu konkreten Vereinbarungen kommen. Fest steht allerdings schon jetzt, dass die Bahn den Gleiszugang und das Empfangsgebäude unabhängig von einer Neukonzeption der Straßenbahn und Busanschlüsse vor dem Hauptbahnhof sanieren wird.
Der unterfränkische FDP-Bezirksvorsitzende Joachim Spatz wünschte sich beim gestrigen Vorort-Termin allerdings konkretere Aussagen zum zeitlichen Ablauf: »Die Behinderten können nicht weitere fünf Jahre auf eine Verbesserung warten.«
Rainer Reichert