Die spanischen Behörden inhaftierten am Mittwoch einen marokkanischen Verdächtigen, der sich nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" im Wintersemester 2003 an der Universität Darmstadt für das Fach Elektrotechnik anmeldete. Anderen Medienberichten nach wurde bereits inoffiziell von deutschen Regierungskreisen betätigt, dass diese Person als besonders gefährlicher islamistischer Gewalttäter registriert war. Jetzt stellt sich die Frage, ob die Anschläge von Madrid auch in Deutschland geplant worden sind. Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten am Donnerstag die Darmstädter Wohnung des Terrorverdächtigen, der zuvor in Spanien festgenommen wurde. Generalbundesanwalt Kay Nehm hat die Ermittlungen übernommen.
Nach bisher unbestätigten Berichten soll der Mann von deutschen Sicherheitsdiensten überwacht worden sein. Auch ein zweiter Mann, der von den Spaniern festgenommen worden sei, sei deutschen Behörden bekannt, hieß es in den "Tagesthemen". Der Nachrichtensender n-tv berichtete, die Männer hätten sich seit Jahren legal in Deutschland aufgehalten und seien den deutschen Behörden als gewaltbereite Extremisten bekannt gewesen.
Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) forderte erneut die Abschiebung von Verdächtigen "wegen massiver Terrorgefahr." Er will sich in den Zuwanderungsverhandlungen nicht mit schärferen Ausweisungsregeln zum Schutz vor Terror zufrieden geben und fordert zahlreiche weitere Sicherheitsmaßnahmen. Die Forderungen Becksteins wies FDP-Parteichef Westerwelle als unseriös zurück. Zwar sei Bundesinnenminister Otto Schily in "der moralischen Beweispflicht, dass Deutschland im Kampf gegen den internationalen Terror alles tut." Doch die Gesetze dazu seien alle schon da.
Nach Ansicht der Liberalen kommt es im Wesentlichen darauf an, die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden und auszuschöpfen. Dementsprechend warnte FDP-Parteichef Guido Westerwelle am Freitag vor "gesetzgeberischen Aktionismus". Er wies darauf hin, dass Deutschland nicht erst jetzt, sondern spätestens seit dem 11. September 2001 ebenso wie die gesamte westliche Welt mit den Gefahren des Terrorismus konfrontiert worden sei.
Nach dem 11. September 2001 hätten Polizei und Geheimdienste umfassende gesetzliche Eingriffsbefugnisse wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Deutlich erweitert worden seien vor allem die Möglichkeiten, Telefonate abzuhören, Briefe zu öffnen, Bankkonten zu überprüfen, Fluggastdaten zu sammeln. Daher wäre ein Wettlauf um weitere neue Gesetze verfehlt. Entscheidend für die innere Sicherheit sei es, die Sicherheitsbehörden finanziell, personell und technisch optimal auszustatten, so Westerwelle.
Er verwies darauf, dass im Vollzugsdienst in den letzten fünf Jahren 11.000 Stellen abgebaut worden sein. Die Polizeidichte habe sich vor allem in Bundesländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen deutlich verschlechtert. Die Personalsituation führe zu Sicherheitslücken. Wenn in der jetzigen Situation die Arbeitsbedingungen der Polizei verschlechtert würden, führe dies zu berechtigten Protesten der Betroffenen wie kürzlich in Bayern geschehen.
Westerwelle: "Man kann die schärfsten Gesetze haben, allein, sie helfen nicht, wenn es keine Beamten gibt, die sie durchsetzen." So müsse man sich auch mit Blick auf den jetzt festgenommenen Verdächtigen fragen, warum nicht genügend Personal da war, um ihn umfassend zu überwachen. Mit Placebos werde die Sicherheitslage nicht verbessert, viel mehr müssten die Haushalte der Länder die Mittel bereitstellen, um das Vollzugsdefizit zu beseitigen, so Westerwelle.