Aus der Oper Figaro ging ich in der Pause. Im nahen Bürgerspital wurde ich begrüßt: „ah – die Pausenflüchtlinge, es wird wohl Figaro gespielt“. Die Inszenierung von Marcus Lobbes, zumindest bis zur Pause ohne jegliches Bühnenbild, vor dem Vorhang aufgeführt, hat offensichtlich nicht nur mir missfallen. Alte Theaterfreunde sind entsetzt über den Umgang mit dieser Mozart-Oper. Sie fahren nach Meiningen, Schweinfurt, Erfurt, Weimar, natürlich München und weichen auch in die Live-Übertragungen im Mainfrankenpark Dettelbach aus.
Aktuell ist der Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs vom 13. April 2010 Anlass für die erneute Diskussion. Der städtische Kulturreferent, Muchtar Al Ghusain machte diese Untersuchung in der Sitzung des Kulturbeirats am 14. Oktober 2010 öffentlich. Dies veranlasste die örtliche Tageszeitung zu einer Veranstaltung und mehreren Artikeln zu diesem Thema. Das Vorgehen des Kulturreferenten ist äußerst ungewöhnlich und zu tadeln. Dieser Bericht gehört vor alle Dingen in den Stadtrat und dies nicht erst nach sieben Monaten. Wurden Rechnungsprüfungsberichte bislang immer in nicht öffentlicher Sitzung behandelt, so bin ich mit der Öffentlichkeit durchaus einverstanden. Es ist jedoch auch zu bedenken, ob die öffentliche Diskussion dem Theater nicht mehr schadet als nützt. Zu hinterfragen ist, warum Herr Al Ghusain ausgerechnet den Kulturbeirat als Forum wählte. Dort widerspricht man ihm wohl nicht. Die Teilnehmer des Ausschusses sind einerseits die Leiterinnen und Leiter der städtischen Kultureinrichtungen: Mainfränkisches Museeum, Stadtbücherei, Volkshochschule, Sing- und Musikschule, Museum im Kulturspeicher, Mainfranken Theater, andererseits die Vertreter der sonstigen Kultureinrichtungen. Widerspruch ist in diesem Gremium nicht zu erwarten, entweder ist Herr Al Ghusain Dienstvorgesetzter oder die Vertreter der Kultureinrichtungen hängen am städtischen Zuschuss-Tropf. So wurden im Kulturbeirat vor Behandlung im Stadtrat die Themen Frankenhalle, städtische Kulturzeitung, Sanierung des Mainfranken-Theaters und der genannte Rechnungsprüfungsbericht „vorbehandelt“. Ein Schelm der schlechtes dabei denkt.
Der Bayerische Oberste Rechnungshof erhebt zwei zentrale Vorwürfe:
1. es wird zu wenig gespielt
2. es wird unwirtschaftlich gewirtschaftet
Das Mainfranken Theater hat einen Jahresetat von etwa 15 Millionen Euro. In 2010 leisten die Stadt hierzu 6,5 Mio. Euro, der Freistaat 5,5 Mio. Euro an Zuschüssen, 3 Mio. Euro sind eigene Einnahmen im wesentlichen aus Kartenverkauf. Der Intendant ist besonders stolz auf die Quote von 20 % Selbstfinanzierung und schließt daraus, das Mainfranken-Theater sei in Bayern das am „wirtschaftlichsten geführte Theater“.
1. Es wird zu wenig gespielt:
Laut Rechnungshof fanden im großen Haus in der Spielzeit 2008/9 lediglich 171 Vorstellungen statt.(Musiktheater 67, Ballett 22, Schauspiel 82). Zum Vergleich: in der Spielzeit 1997/98 spielte man im großen Haus 232 mal (Musiktheater 118, Ballett 16, Schauspiel 98). Also 2008/9 war an jedem zweiten Tag keine Vorstellung. Müßig ist der Streit, ob es eine handvoll Vorstellungen mehr waren, die „Vorstellungszahlen wurden ebenso wie die anderen Daten während der örtlichen Erhebung mehrmals mit den Mitarbeitern des Mainfranken-Theaters und auch mit der Theaterleitung besprochen“. So im Schreiben des Rechnungshofs vom 1. Oktober 2010.
Deutlich ist der Rückgang der Zuschauerzahlen: von 183.350 in 1997/8 auf 139.821 in 2007/8. Nach Sparten: dem Rückgang im Musiktheater minus 42,27 % und Schauspiel minus 32,52 %, steht eine Verdoppelung der Zuschauerzahl beim Ballett gegenüber. Dies ist sicher ein großartiger Verdienst von Frau Anna Vita. Der Intendant begründet, dass er nicht mehr spielen könne, mit den Personaleinsparungen im Anschluss an die Spielzeit 2003/4 und spricht von über 30 Stellen, die eingespart wurden. Speziell im Bühnenbereich hätte er kein technisches Personal und könne deshalb nicht mehr spielen.
In der Spielzeit 2003/4 gab es am Theater 264,8 sogenannte Ist-Stellen, in der jetzigen Spielzeit sind es 249,5 Stellen, also 15,3 Stellen weniger. 2003/4 hatte der Bereich Bühnentechnik 27 Stellen, 2006/7 waren es 30 Stellen, aktuell sind es 32 Stellen. Beträchtlich eingespart wurde in den Werkstätten/Malersaal, dort gab es 2003/4 noch 13 Stellen – aktuell sind es 6 Stellen. Dem Rechnungshof ist zuzustimmen, wenn er ausführt: „Die Bühne bietet dem Publikum kein ausreichendes Angebot an Theatervorstellungen mehr an“.
2. Es wird unwirtschaftlich gewirtschaftet
Im Vergleichszeitraum 1997/8 mit 2007/8 stiegen die gesamten Ausgaben um 16,03 %, das ist nicht zu kritisieren.
Interessant sind die einzelnen Kostenarten:
Verwaltung, Haus, Vertrieb hat eine Steigerung von 63,22 %, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit 220,54 % (!), auf neu 295.000 Euro. Es mag die Frage erlaubt sein, wie denn die Besucherzahlen ohne die massive Erhöhung des Werbeaufwands ausgesehen hätten. Zum Theatermagazin „Zanni“ führte der Rechnungshof aus, dass nach seinen Erfahrungen die Kosten für die Erstellung der Publikationen und Druckerzeugnisse erheblich überbesetzt sind. Sämtliche Erlöse aus dem Anzeigenverkauf stehen nicht dem Theater zur Verfügung.
Resümee
Das Mainfrankentheater erhält vom Freistaat eine hohe Förderung. Die Prüfer des Obersten Bayerischen Rechnungshofs sind erfahrene Fachleute die seit vielen Jahren Theater prüfen. Ihre Feststellungen sind ernst zu nehmen. Es ist unklug, den Bericht des Rechnungshofs zu kritisieren und zu ignorieren, hierdurch werden künftige Zuschüsse gefährdet. Den Würzburger Theaterfreunden aus Stadt und Land ist am Erhalt des Theaters gelegen. Die „Freiheit der Kunst“ entbindet nicht von sorgsamer Verwendung der Steuermittel, dies ist mein Anliegen.
Der vollständige Bericht des Rechnungshofes wurde durch Herrn Al Ghuisain öffentlich gemacht. Den Bericht können Sie hier ansehen. Interessant ist ebenfalls die Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins. Sie ist für 23,– Euro unter material@buehnenverein.de erhältlich.